Abstraktion ist die Befreiung der Farbe von der Form der Dinge und der Natur. Oder anders ausgedrückt: Die Farbe emanzipiert sich und macht sich selbst zum Gegenstand der Kunst. Dieser Idee fühle ich mich verpflichtet in meinen Gemälden. Dabei folgen die lasierend und sehr verdünnt aufgetragenen Acrylfarben einem Konzept, das auch hilft, den anfänglichen Widerstand der weißen Leinwand zu überwinden.
Ich beginne am Anfang immer mit der ersten Farbe zu schreiben. Ich schreibe ein Zitat mit breitem, schmalem, flachem oder dickem Pinsel. Nicht so, dass es unbedingt lesbar ist. Das Zitat im Kopf ist der auslösende Stimulus, es führt den Pinsel und gibt eine Farbstruktur vor. Alle weiteren Farbschichten, die folgen, haben ihren eigenen Rhythmus und so ergibt sich neben dem lasierenden Farbauftrag, der untere Farbschichten durchscheinen lässt, auch immer eine eigene Struktur der Farben, die dann das Bild mitprägt.
Die Auswahl der verwendeten Farben erfolgt intuitiv und hat immer auch etwas mit der eigenen Gestimmtheit zu tun. Damit transportieren meine Bilder auch immer das eigene Innere nach außen und zeigen, was das gewählte Zitat mit mir macht. Die Zitate ergeben sich aus meinen literarischen, historischen und philosophischen Lektüren. Ich finde einen Satz wunderbar und notiere ihn mir mit Fundstelle in einem Schreibheft. Für ein neues Bild gehe ich das Schreibheft durch und finde genau den Satz, der mir situativ gefällt. Er ist der Ausgangspunkt für die Arbeit an meinem neuen Gemälde. Wohin die Malreise dann genau führt, weiß ich noch nicht, ich lasse mich einfach von dem Satz, seiner Struktur und den Farben führen.
Es erfolgt die Auseinandersetzung zwischen dem Bild und mir, ein Prozess des aufeinander Einlassens. Er endet, wenn ich urplötzlich spüre, dass das Bild fertig ist. Damit gibt meine Kunst nicht – um hier das berühmte Zitat von Paul Klee zu verwenden – das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar, was mit mir Sätze und Farben machen. Die Sätze sind am Schluss nicht mehr lesbar, wenn sie es überhaupt je waren, sie sind mit ihren Buchstaben zu Formen der Farbe geworden.